Die Zwerge
J. R. R. Tolkien griff bei der Gestaltung seiner Zwerge viel stärker als bei Elben auf bestehende Mythen und Stereotypen zurück. So ist die Idee von kleinwüchsigen, handwerklich geschickten, bärtigen Bergleuten, die eine große Faszination für Gold und Edelsteine haben, auch in anderen und älteren literarischen Zusammenhängen zu finden. Zahlreiche von Tolkiens Zwergennamen stammen wie auch der Name Gandalf aus der altnordischen Tradition, genauer aus dem Dvergatal, der Zwergenerzählung in der Völuspá, einem Teil der Älteren Edda.
Innerhalb von Tolkiens Welt wurden die Zwerge vom Vala Aule noch vor dem Erwachen der Elben und Menschen entworfen. Aule war ungeduldig und wollte nicht auf das Erscheinen der von Ilúvatar geschaffenen Rassen warten, um Schüler für seine Kunst zu bekommen. Er formte daher im Geheimen die sieben Urväter der Zwerge, war aber unfähig, ihnen eigenes Leben und Seelen zu geben. Erst nachdem Ilúvatar erkannte, dass Aule bereit war, seine Werke zu opfern, adoptierte er die Zwerge als seine eigenen Kinder und hauchte ihnen einen eigenen Willen ein. Sie durften aber erst nach den Erstgeborenen, den Elben, die Welt erblicken. Deshalb legte Aule die Zwerge unter der Erde schlafen und weckte sie erst nach dem Erscheinen der ersten Elben wieder auf. Zwerge leben erheblich länger als Menschen. Zudem zeichnen sie sich durch ihre hohe Ausdauer aus, so dass sie trotz Last, Beschwerlichkeit des Weges und weiten Märschen nur langsam ermüden. Es wird behauptet, dass Zwerge nach ihrem Tod wieder zu Stein werden und dass manche ihrer Vorväter, vor allem Durin, immer wieder geboren werden. Zwerge haben einen prachtvollen Bartwuchs, eine geringe Körpergröße – allerdings mindestens 1,20 m – und eine stämmige bis untersetzte Statur.
Aule erdachte die Zwerge als stark und unnachgiebig, damit sie Melkor widerstehen konnten. Zwar gelang es Sauron, sie mit den Ringen der Macht zu verführen, er konnte aber ihre Geister aufgrund ihrer von Aule gegebenen Widerstandskraft nicht beherrschen. Überhaupt haben Zwerge so gut wie nie bewusst Melkor oder Sauron gedient und diese immer nach Möglichkeit, besonders wenn ihre Eigeninteressen gefährdet waren, bekämpft, doch beschreibt Tolkien in Der Kleine Hobbit auch bösartige Zwerge, die sich mit Orks verbündeten. Auf den Umstand der Interessenwahrung und der zwergischen Sturheit (vor allem in Bezug auf Gold und andere Schätze) sind auch die teilweise entstandenen Zwiste zwischen Zwergen und anderen freien Völkern, vor allem den Elben, zurückzuführen, da sich die Zwerge auch bei ihnen nicht scheuten, teils gewaltsam ihre materiellen Interessen und Rechte geltend zu machen.
Während die Elben in Mittelerde glaubten, dass die Zwerge nach ihrem Tode wieder in die Erde zurückkehren und zu Stein werden würden, glaubten die Zwerge selbst dies keineswegs. Sie sagten vielmehr, dass Aule, den sie selbst Mahal nennen, sie in einer gesonderten Halle in Mandos versammeln ließe, um ihm in der Letzten Schlacht zu dienen und um Aule zu helfen, Arda danach wieder aufzubauen. Sie berichteten auch, dass die sieben Väter der Zwerge in ihrem eigenen Geschlecht immer wieder zum Leben erwachen und denselben Namen tragen werden. Von diesen Vätern war Durin der berühmteste, welcher der Stammvater der Zwerge von Khazad-dûm war, die von allen Zwergen dem Volk der Elben am freundlichsten gesinnt war.
Obwohl die Zwerge lieber unter ihresgleichen bleiben, treiben sie doch regen Handel mit anderen Völkern, so etwa den Menschen von Thal und Esgaroth, und benutzen dafür ihre Handelsrouten. Ihre richtigen Namen sind allerdings wie ihre eigene Sprache geheim, weshalb sie diese niemals Angehörigen eines anderen Volks verraten und sie nicht einmal auf ihren Grabsteinen vermerkt sind. Die in Tolkiens Welt öffentlich verwendeten Namen entsprachen in ihrer Form denen der nördlichen Menschen, wie auch die Zwerge nach außen hin die Sprache der jeweils benachbarten Völker verwendeten.
Die einzige Zwergenfrau, die namentlich in Der Herr der Ringe genannt wird ist Dís, Tochter Thráins II. Gimli erklärt, es gebe nur wenig Zwergenfrauen, wahrscheinlich nicht mehr als ein Drittel des ganzen Volks der Zwerge. Sie seien, außer in großer Not, selten unterwegs und wären den Zwergenmännern hinsichtlich etwa einer ebenfalls vorhandenen gewissen Ausprägung zum Bartwuchs und einer tieferen Stimmlage so ähnlich, dass das Gerücht entstand, es gebe gar keine Zwergenfrauen und sie wüchsen aus Stein. Die Reproduktionsrate unter den Zwergen scheint durch die geringe Population von weiblichen Zwergen und einer latenten gegenseitigen Bindungsunwilligkeit überaus klein zu sein.
Die üblichen Waffen der Zwerge sind Äxte und Beile aller Arten, mitunter zusammen mit einem Schild geführt. Teilweise werden aber auch Schwerter und andere übliche Kriegswaffen eingesetzt; so verwendet z. B. Thorin sogar ein Elbenschwert, das aus Gondolin stammt. Sie rüsten sich meist mit verstärkten Kettenrüstungen und Helmen. Zudem werden mitunter große Kriegsmasken eingesetzt, um den Feind zusätzlich in Furcht zu versetzen. Auch waren die Masken in der Nirnaeth Arnoediad gegen den Drachen Glaurung von Bedeutung, weil sie seinem Feuer standhielten. Eine besondere übergreifende Wichtigkeit erlangten die Zwerge in alter Zeit und andeutungsweise wieder nach dem Ringkrieg durch die Gewinnung und Verarbeitung von Mithril-Metall in den Minen von Moria. Dies ist das härteste bekannte Metall in Mittelerde und hochbegehrt, da es neben der Widerstandskraft zudem nur eine geringe Masse aufweist und darum leichter zu tragen ist. |